Gegen unfaire Vorteile: Cheating in Online-RPGs eindämmen
Gegen unfaire Vorteile: Cheating in Online-RPGs eindämmen
Das Angebot an Online-RPGs ist riesig. Ob bekannte MMORPG-Klassiker wie „World of Warcraft“ oder „Guild Wars“, die mit einer Spielerzahl im Millionenbereich aufwarten, oder Loot-Shooter á la „Destiny“: Die digitalen Welten zum Entdecken und Erforschen sind vielfältig. Doch auch in diesen Universen sind Spielverderber oft allgegenwärtig. Es sind Charaktere mit quasi unendlicher Lebensanzeige, die man auch in Teamarbeit nicht plätten kann oder mit verdächtig großen Goldreserven: Cheater, die das System überlisten, mindern den Spielspaß.
Man steht in der Arena. Stimmen aus Discord und TeamSpeak animieren zum Sieg und stolz wird das legendäre Schwert gezückt, das man in der mühevollen Quest-Reihe der vorherigen Nacht errungen hat: der wahre Traum jedes RPG-Fanatikers. Doch der Sieg währt nur kurz: Schnell stellt man fest, dass die Software auf dem Computer des Gegenübers dafür gesorgt hat, dass die Tutorial-Keule aus dem ersten Level einen mit Leichtigkeit in den Boden stampft. Der Frust ist riesig, der Abend gelaufen. Was nun? Den Account dem Support melden? Klar, der Zugang wird gesperrt. Den Cheater interessiert das allerdings wenig.
Gamer, die das System bewusst austricksen, schaden nicht nur ihren direkten Mitspielern. Es gibt zu viele von ihnen, die ein gesamtes Spiel zerstören können. Nicht nur innerhalb der RPGs taucht dieses Phänomen auch. Zockergames wie Poker Online oder digitale Casinos müssen sich ebenfalls gegen Cheater und ihre Programme wappnen, besonders wenn das Spiel um Echtgeld geht. Wo sich reale Spielhallen mit ihrem Hausrecht wehren können, sind die Seiten im Netz auf die Hilfe der User angewiesen, die verdächtiges Verhalten melden.
Ein aktuelles Beispiel ist die spielinterne Wirtschaft des kürzlich erschienenen „Wolcen“, einem Online-RPG im Stil des bekannten Games „Diablo“. Es wurde schnell entdeckt, dass es die Möglichkeit gibt, wertvolle Items ins Unendliche zu kopieren – dank eines Händler-Bugs, der via Twitch und YouTube verbreitet wurde. Das Ergebnis war katastrophal: Die Ingame-Währung verlor rapide ihren Wert. Items, die erst für absolute Veteranen erreichbar sein sollten, waren schon nach den ersten Stunden verfügbar. Ihre Rarität war innerhalb weniger Minuten verspielt. Auch wenn das Problem durch einen Bug und nicht durch aktive Programme auftrat, die das Spielsystem manipulieren: Das Prinzip bleibt gleich. Einzelne Spieler erhielten einen extremen Vorteil, der das Spielerlebnis für andere Gamer massiv schädigte.
Cheating und seine Folgen
In extremen Fällen können Spieler, die überhaupt kein Cheating betreiben, kaum noch an RPGs partizipieren. Spieler mit dem unfairen Vorteil sind deutlich überlegen und dominieren mitunter die Community. Es schränkt den Spielspaß ein und nimmt dem Spiel seinen Charme. Es wird nicht mehr für Erfolge gearbeitet, da diese einfach per Tastendruck aktiviert werden. Dabei ist es egal, ob es um unbegrenzte Ingame-Währung oder lächerlich hohen Schadens-Output geht. Die Möglichkeiten und Programme, die potenziellen Cheatern zur Verfügung stehen, sind nahezu grenzenlos. Ob „Scripting“ bei „League of Legends“ oder der berühmt-berüchtigte „Aimbot“ des gegnerischen Counterstrike-Teams: Wer cheaten möchte, findet meist Optionen, die schnellen Erfolg versprechen.
In der Online-Community sind solche unfairen Spielarten verpönt. Wird ein Cheater entdeckt, wird alles getan, ihn zu meiden und an der weiteren Spielteilnahme zu hindern. Anti-Cheat-Systeme sind äußerst genau und manchmal sogar strenger als gewollt. Nur dadurch lässt sich der Anwendungsbereich der geächteten Programme immer weiter einschränken.
Man kommt in den größeren Computergames im Multiplayer-Format nicht mehr um Anti-Cheat-Programme herum. Sei es „Warden“, wie es in Blizzard’s riesigen Titeln „StarCraft“ oder „World of Warcraft“ eingesetzt wird oder „Vanguard“, das beim neuesten Ableger der Firma Riot Games für Ordnung sorgt. Mal besser, mal schlechter funktionierende Anti-Cheat-Systeme sollen ein harmonisches Gaming-Erlebnis für alle Spieler ermöglichen.
„Warden“ prüft beispielsweise während des Spiels die geöffneten Programme auf dem Computer des Spielers. Die Daten werden daraufhin verschlüsselt an einen Server geschickt und mit bekannten Cheat-Programmen verglichen. Kommt es zu Übereinstimmungen, wird der Spielzugang eingeschränkt. Im schlimmsten Fall kann es zu einer kompletten Sperrung des Accounts kommen.
Konsequenzen per Meldessystem
Eine andere Maßnahme sind Rückmeldungen der Community. So können Gamer, die auffällig sind, dem Support der einzelnen Spieleserver gemeldet werden. Dazu gehören neben Cheating unter anderem auch rassistische oder sexistische Äußerungen. Die Mitarbeiter sehen sich den betreffenden Account daraufhin genauer an. Wegen der schieren Masse an Spielern kann das oft nicht schon vorher bewerkstelligt werden. Ist der Account auf verschiedene Arten auffällig, kann zunächst eine zeitlich begrenzte Sperre erfolgen. Sollte das keine Lehre gewesen sein, droht ein völliger Ausschluss des Spielers. Das System hat den Vorteil, dass auch Software, die bisher unter dem Radar der Entwickler und ihren Tools geflogen ist, eventuell entdeckt und bestraft wird. Selten kommen sogar IP-Sperren zum Einsatz, um zu verhindern, dass einfach ein neuer Account erstellt wird.
Was also ist die beste Art, um mit Cheating in RPGs umzugehen? Eine bestimmte Methode, um alle Programme dieser Gruppe lahmzulegen, gibt es wohl nicht. Aber die Schritte der Entwickler gehen in die richtige Richtung. Cheating ist längst nicht mehr so weit verbreitet, wie es einmal war. Der Vorfall bei „Temtem“ klingt nach einer unrühmlichen Ausnahme. Ein Vorteil für alle Gamer, die auf Fairness setzen. Nur ein kleiner Teil der Community klammert sich noch an unfaire Mittel und muss mit einem größeren Nachsehen rechnen. Das Risiko: Unter Umständen verlieren sie die Chance auf den Spielspaß. Spielen, wie man es selbst gerne möchte, sollte sich jeder Gamer auf die Fahne schreiben – aber bitte nicht auf Kosten eines ganzen Servers motivierter Mitspieler.